Das Jesus-Gebet

Das Jesusgebet kann eine Antwort auf die geistliche Suche vieler Menschen sein. Grundlegend ist der Aufruf des Paulus aus dem ersten Thessalonicherbrief: "Betet ohne Unterlass!" (1Фес. 5:17)

Ursprung und Entwicklung

Schon früh haben Mönche und Nonnen, aber auch andere Christen, die intensiv beten wollten, sich um das Jesusgebet bemüht. Sie beteten unablässig das biblische Gebetswort "Herr Jesus Christus, (du) Sohn Gottes, hab Erbarmen mit mir (Sünder)" (Мф. 15:22; Мк. 10:47; Лк. 17:13) oder riefen, wenn Sie nach noch größerer Einfachheit verlangten, die den Namen "Jesus Christus" an.

Innere Wachsamkeit und inneres Schweigen sind Elemente, die seit frühester Zeit mit dieser Gebetshaltung verbunden sind. Die Beter sammeln ihre Gedanken unablässig mit dem Gebetswort.

Theologische Grundlagen für das Jesusgebet legten die Mönchsväter Evagrius Ponticus, Johannes Cassian, Johannes Hechychastes oder Johannes Klimakos. Im Mittelalter fand die Übung des Jesusgebets ein Zentrum in den Klöstern des Athos. Hier und später in Russland entstand eine Sammlung von Schriften, die Philokalie, die wichtige Werke zur Kontemplativen Haltung rund um das Jesusgebet vereinigte. Bekannt wurde das Jesusgebet erneut durch die Aufrichtigen Erzählungen eines Russischen Pilgers, eine Erzählung eines unbekannten Verfassers, die 1870 zum ersten Mal erschien.

In Deutschland wurde das Jesusgebet durch den Benediktiner Emmanuel Jungclaussen bekannt. Auch der Jesuit Franz Jalics lehrt die kontemplative Lebenshaltung mit dem Jesusgebet und verfasste ein grundlegendes Buch zur Einführung.

Praxis und Einübung

Die geläufigste Formel des Jesusgebets lautet: "Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner!" oder einfach "Jesus Christus". Diese Formel wird immer wiederholt und wie der Atem gesprochen. Alle anderen Gedanken sind für die Meditation hinderlich und somit unwichtig. Mit dieser Art zu beginnen sollte ein Beter langsam beginnen, ein oder zwei mal täglich 5 bis 15 Minuten, die im Laufe der Jahre auf eine halbe Stunde verlängert werden können. Hilfreich sind regelmäßige Zeiten.

Um es einzuüben sollte man sich täglich eine freie und Zeit zu nehmen um ganz präsent zu sein. Dazu bietet sich eine Meditationsecke an. Die leibliche Haltung sollte einerseits die körperliche Ruhe und Gelassenheit sowie geistige Präsenz fördern, andererseits Ausdruck der Ehrfurcht und Demut vor dem Geheimnis Gottes sein. Ein äußeres Zeichen Wort zu Beginn und Schluss der Meditationszeit zur Einübung in das Jesusgebet kann einen guten Rahmen geben. Es kann eine Hilfe sein, das Jesusgebet mit dem Rhythmus des Atems zu verbinden. Um den ruhelosen Strom von Bildern und Vorstellungen zu "bändigen", hilft es wenig, sie direkt zu bekämpfen, durch Willensanstrengung "auszutreiben" oder die Gedanken "zu Ende zu denken". Hilfreicher ist es, immer und immer wieder in die Aufmerksamkeit und die Wahrnehmung der Gegenwart zurückzukommen. In die Hände zu spüren fördert das Bleiben in der Wahrnehmung. Die Anrufung sollte soweit wie nur möglich ununterbrochen, regelmäßig und rhythmisch, ruhig und beständig sein. Sie sollte leer und möglichst frei von allen (bildhaften) Vorstellungen sein. Es scheint uns wichtig, das Jesusgebet zu verwurzeln in der Lesung der Heiligen Schrift, denn "die Schrift nicht kennen, heißt Christus nicht kennen" (Hl. Hieronymus).

Verbindung mit dem Jesusgebet wird im Alltag oft eine Gebetsschnur verwendet, die aus 30, 33, 50, 100 oder mehr Knoten besteht. Dies geschieht nicht, um die Gebete zu zählen, sondern als Hilfe zur Konzentration und um einen gleichmäßigen Rhythmus zu finden. Darüber hinaus verweist die in sich geschlossene Schnur zeichenhaft auf die Ewigkeit und das nie endende monastische Gebet.

Wirkungen

Auch wenn das Jesusgebet zweckfrei geübt wird, hat, es über lange Zeit praktiziert, Wirkungen, die uns zu einer größeren Gegenwart und innern Klarheit führen können.

Das tägliche Einüben strukturiert den Tag. Das Jesusgebet kann mit der Zeit zu einem beständigen Begleiter werden. Es kann uns lehren, aufmerksam und wach in der Gegenwart zu leben. Wir lassen uns nicht mehr von Gedanken bestimmen und es kann uns eine größere innere Klarheit und Ausgeglichenheit geschenkt werden. Mehr und mehr können wir von einem geistlichen Gebet zu einem wirklichen Herzensgebet geführt werden.

Die wache Aufmerksamkeit kann sich im Laufe der Jahre auf die Beziehung zu den Mitmenschen auswirken und auch diese friedvoller und ausgeglichener werden können.

Beständig eingeübt lässt es uns immer mehr erfahren, was Paulus mit dem Satz ausdrückte: "Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir" (Гал. 2:20). Wir werden mit diesem Gebet immer inniger in die Beziehung Jesu zu seinem Vater im Heiligen Geist hineingenommen.